Die BR 23 von Kiss war 2002 das erste bezahlbare, hochwertige Kleinserienmodell

Besuch bei der letzten Waldeisenbahn

Rumäniens

Diese liebenswerte Bahn wird heute noch (Stand Juni 2005) teilweise mit Dampf betrieben und ist auch wegen der wunderbaren Landschaft der Nordkarpaten (Maramures) unbedingt einen Besuch wert.

Zunächst einige Vorbemerkungen. Vor einer Rumänienreise sollte man sich gut über die Besonderheiten dieses Landes informieren. Dies gilt insbesondere für Strassenverhältnisse, Versorgung, Ausrüstung, Komfort und Sicherheit. Hierzu gibt es viele gute Internetseiten; Natur- und Wanderfreunden sei insbesondere die Seite von Karpaten Willi empfohlen. Bisher galt Rumänien als uneingeschränkt preiswertes Urlaubsland. Zum 1.7.2005 steht eine Währungsreform bevor, bei welcher der neue Lei vier Nullen verlieren wird. Deshalb hat die rumänische Regierung im Vorfeld den Euro abgewertet. Im Juni 2004 erhielt man für einen Euro noch bis zu 41.000 Lei; heute sind es gerade noch knapp 36.000. Trotzdem liegt die statistische Kaufkraft derzeit noch bei etwa 1,20 Euro.
So, nun zu einem kurzen Reisebericht und einigen kommentierten Bildern. Die 76 cm Schmalspurbahn geht vom Ort Viseu de Jus im Nordwesten Rumäniens aus. Man erreicht ihn vom Ende der ungarischen Autobahn (M3) ca. 200 km östlich von Budapest aus, indem man dann noch etwa weitere 320 km über Landstrassen in Ungarn und Rumänien über Satu Mare weiter entlang der Ukrainischen Grenze nach Sighet und dann nach Viseu fährt. Von Mannheim aus waren es insgesamt ca. 1.500 km.
Wir hatten via Internet (www.wassertalbahn.ch) zuvor mit dem - de jure in der Schweiz ansässigen - Verein Kontakt aufgenommen, der vor Ort mit dem rührigen, inzwischen dorthin übersiedelten Präsidenten Michael Schneeberger nicht nur für Fahrtmöglichkeiten von Touristen und Eisenbahnfreunden sorgt. Mit unserem Quartier bei Vasile Barsan, im Hauptberuf Heizer bei der Waldbahn, hatten wir großes Glück. Neben einem gemütlichen Zimmer mit direktem Blick auf die Bahnhofsausfahrt gab es eine freundliche, familiäre Atmosphäre und – ganz wichtig – immer wichtige Informationen zu den Abfahrtszeiten der Züge am nächsten Tag! Ausserdem waren es nur wenige Schritte zur Abfahrtsstelle der Züge. Wenn der Chef noch sein Essen bekam, hielt die Lok sogar am Hoftor.
In den Hauptferienmonaten Juli und August kommen bereits sehr viele Touristen zu der mittlerweise auch bei uns schon recht bekannten (zwei Reportagen von Arte und ZDF) Bahn, so dass sich Mai/Juni und der Herbst besonders für Besuche empfehlen.
Die Schmalspurstrecke beginnt heute im etwa 3km nördlich vom Staatsbahnhof gelegenen Werk der R.G.Holz S.R.L. Das ehemalige Dreischienen Verbindungsgleis ist nur noch für regelspurige Übergabefahrten in Betrieb. Das Werksgelände ist umzäunt, verschlossen und bewacht. Zu dem auf dem Werksgelände gelegenen Büro des Vereins gelangt man allerdings problemlos zu den ausgeschriebenen Öffnungszeiten am Vor- und Nachmittag. Am nördlichen Werkstor beginnt dann das eigentliche „zivile“ Treiben der Bahn, der Zustieg der Waldbauern, Arbeiter und Touristen. Von hier aus geht die Stammstrecke ca. 40 km entlang der Vaser (deutsch: Wasser) bis ganz nahe an die ukrainische Grenze. Nach etwa 8 km zweigt eine Stichbahn in das malerische Novat Tal ab.
Der Bahnbetrieb ist typisch rumänisch, also für unsere Begriffe eher abenteuerlich, auch was Komfort und Sicherheit angeht. Eine Mitfahrt geschieht übrigens immer auf eigene Gefahr, was sich aber wegen der selten höher wie Schrittgeschwindigkeit wiederum in Grenzen hält. Die morgendlichen Produktionszüge haben hinter der Lok einen Wagen, halb Tender für die Holzvorräte der Lok, halb Mitfahrgelegenheiten für Personal und Fahrgäste. Dann folgen die Transportschemel für das Langholz. Bei größerem Fahrgastandrang werden (z.Tl. offene) Personenwagen beigestellt.
Ist das Holz am Zielort verladen, fahren nachmittags bzw. abends die Züge wieder zu Tal. Während unseres Besuches waren Mo – Sa zwei Züge dampfbespannt. Hinzu kamen bis zu zwei weitere Züge mit Diesel sowie zahlreiche Draisinenfahrten. Sonntags ist kein Werksverkehr, dafür aber oft ein Touristenzug des Vereins unterwegs.
Da man fast überall auf der freien Strecke zu- bzw. aussteigen darf, kann man mit der Bahn ideal die Schönheiten der Karpaten nicht nur „erfahren“ sondern auch erwandern. Wir wurden z.B. schon am ersten Tag eingeladen, an einem Schäferfest ganz oben am Berg teilzunehmen, wo wir gleich zu Beginn neben der rumänischen Gastfreundschaft auch einen herrlichen Rundblick über die weitläufigen Höhenzüge der Karpaten geniessen konnten.
Wer mehr über Bahn und Karpaten wissen will, sei nochmals auf die vielen bereits existiernenden Informationsquellen verwiesen. Einen kleinen Einblick sollen aber dennoch die nachfolgenden Fotos vermitteln.

 06.2005.ab

 

 

Nachtrag (06.2013)

Das 2005 zeitgleich dort anwesende Filmteam des SWR hat einen sehenswerten Bericht produziert, der erstmals 2008 ausgestrahlt wurde, öfters auch wiederholt wird und nunmehr auch in youtube ist

www.youtube.com/watch?v=LGWMuJwoqZs

 

In youtube gibt es übrigens sehr viele und vor allem auch sehr gute Filme über die Wassertalbahn.

Da lohnt es schon fast nicht mehr, selbst zu filmen ...

 

 

 
 
Hier am Tor der Holzfabrik beginnt die Strecke ins Wassertal
 
 
Innerhalb des Fabrikgeländes befindet sich das Betriebswerk

Es ist Montagmorgen und die Waldbauern und Arbeiter warten bereits auf die Abfahrt der Züge

 
Vorher wird aber noch endlos rangiert; die Züge haben daher stets Verspätung

So sieht ein ins Tal fahrender Zug aus, hier mit der neu aufgearbeiteten Lok "Mariuta"

Bei grossem Andrang werden zusätzlihe Personenwagen eingereiht

oder Viehwagen

 oder...

 oder Schwein, Hund und die Brotration für die ganze Woche kommen auf den Plattformwagen, welcher später einen Bulldozer zurück transportieren wird

Ganz hinten werden dann noch einige "Vagonette" angehängt, mit denen man bei Bedarf wegen des Gefälles auf der Strecke dann auch solo zurück fahren kann.

Nach kurzer Fahrt ein kleiner Stopp vor dem Krämerladen, in dem man noch schnell etwas für die Woche oben in den Wäldern eingekauft kann.

Nach etwa 6 km wird das erste Mal Wasser gefasst. Alle Loks besitzen dazu eine Saugpumpe.

Es gibt keine durchgehende Zugremse, sondern nur Handbremsen. Hier die noch "arbeitslosen" Bremser bei der Bergfahrt.

Bei Streckenkilometer 12,7 erreicht man das "Gleisdreieck". Hier zweigt die Strecke in das Novat Tal ab.

Aus dem Tal kommt gerade das Fuhrwerk.

Das traditionelle Fest, bei dem die Hirten und die Herde feierlich bei Essen, Trinken, Musik und einem Gottesdienst verabschiedet werden.

 Eine Schafherde auf dem Weg durch die Weiten der Karpaten

Der Zug hatte gewartet, bis die Festteilnehmer wieder ins Tal gekommen waren.

Am nächsten Tag ging es ein Stückchen weiter hoch ins Wassertal.

Einfahrt in den ersten der drei Tunnels.

In der nächsten Station überholt uns eine Draisine.

..wofür sich das amerikanische Fernsehteam interessierte.

Der melkende Opa wurde vom SWR gefilmt.
  
Arbeiterunterkünfte in Faina, etwa 30 km bzw. 3-4 Stunden Fahrzeit weit oben im Wassertal

Dort gibt es auch Ferienhäuschen, die aber kaum noch genutzt werden.

Wenn private Holzbauern verladen, ist das harte Handarbeit

Man hilft sich mit quergelegten Stämmen als Laderampe

Bald ist es soweit, dass Mariuta den beladenen Wagen abziehen kann.

An der Ladestelle der Holzfabrik wird mit schweren Gerät gearbeitet.

Meist wid auf freier Strecke beladen. Die fertigen Wagen lässt man dann bis zur nächsten Ausweiche zu Tal rollen und stellt dort den Zug zusammen.

Wegen der bescheidenen Gleisanlage muss auch immer mal mit dem Seil rangiert werden.

Jetzt geht es zu Tal

Dieser Montagmorgen-Zug ist mit Diesel bespannt

Runter kommt er immer....

Ein Achslagerdeckel ist die absolute Ausnahme. Nach jeder Talfahrt werden aber die Lager auf Heißläufer, sowie alle Bremsen geprüft.

Eine Entgleisung gehört auch mal dazu.

Mit den an die Modellbahn erinnernden Aufgleisplatten ist das Malheur in wenigen Minuten behoben.

Im "Pullmannwagen" befindet sich ein Universalofen.

Unser Quartier.....

mit direktem Blick auf die Gleise mit den letzten Weichen, bevor es dann auf die Strecke geht.

Cozia-1 ist eine topmoderne Dampflok

deren Baujahr - genau wie bei meinem damaligen Golf II - 1986 lautet.

hier beim Lösche ziehen

Die Cozia-1 gefällt durch die gelungenen Proportionen

Die neu aufgearbeitete Mariuta wirkt mit ihrer noch frischen Farbe dagegen jünger, ist es aber leider nicht
 
Hier nochmals die Cozia beim Wasser fassen, an dieser Stelle übrigens nur wenige hundert Meter zur ukraninischen Grenze entfernt

Zum Schluss noch ein Bild von Arbeiterunterkünften am Bahnhof Iohasa, dem Endpunkt der Strecke in´s Novat Tal. Auf dieser grossen Waldwiese lies sich gut Picknick machen und den umfangreichen Rangierbetrieb beobachten